Man sagt ja, Mathematik sei die exakteste Wissenschaft, aber hier kollidiert sie mit der Sprache, und die ist alles andere als exakt. Das »Heute in acht Tagen Problem« kann man verschieden angehen:
1. Heute, am Donnerstag ist ja nur der halbe Tag übrig und nächste Woche treffen wir uns wieder, wenn der halbe Tag schon vergangen ist. Also zwei mal der halbe Donnerstag plus 6 Tage dazwischen, ergibt 7! Die Leute runden die halben Tage einfach auf und so ergeben sich 8. Ist ja auch zu blöd, mit Bruchteilen von Tagen zu rechnen, um den nächsten Stammtisch auszumachen!
2. Oder die Leute sind einfach so blöd und rechnen den Donnerstag doppelt, wodurch sich wieder 8 ergibt, oder?
3. Die Römer und die Araber
Werfen wir mal einen Blick in die Geschichte: Ein Großteil unserer Kultur stammt von den alten Römern. Die römischen Zahlen kennen wir aber gerade mal von alten Ziffernblättern der Uhren. In der Schule haben wir gelernt, dass wir nach dem arabischen Zahlensystem rechnen. Aha, aber was hat das mit dem Marktleuthener Stammtisch zu tun, die Römer haben doch auch richtig gerechnet, oder?
Die Erfindung der Null
Wenn wir zum Beispiel Kartoffeln zählen, liegt es natürlich auf der Hand, die erste auch »eins« zu nennen, bei Zeiträumen ist das schon schwieriger. Dass Erwin im dritten Beispiel den Donnerstag doppelt benutzt und trotzdem zum richtigen Ergebnis kommt, hängt mit einer genialen Erfindung arabischer Rechenmeister zusammen,
der Null !
Im römischen Zahlensystem gibt es die nämlich nicht. Das Symbol für diese Ziffer stammt aus dem indischen Raum, wo die Null als Symbol der Leerheit und des Nichts benutzt wurde. Auch im alten Babylon soll dieses Leerzeichen schon im 6. Jahrhundert vor Christus benutzt worden sein.
Als im 6. Jahrhundert nach Christus die Araber das Gebiet des ehemaligen Babylon eroberten, stießen sie auf dieses ominöse Zeichen, und um das Jahr 825 schrieb der persische Mathematiker, Astronom und Geograph
al-Chwarizmi ein Werk über das Rechnen mit indischen Zahlzeichen, in dem die Null schon ganz selbstverständlich benutzt wird. Schon
Adam Riese, der 1492 in
Staffelstein im Maintal geboren wurde, hat die Vorteile des damals neuen Zahlensystems erkannt und in Deutschland verbreitet, aber erst der Italiener
Leonardo Fibonacci führte schließlich die »arabischen Zahlen mit den indischen Ziffern« im 12. Jahrhundert endgültig in Europa ein. Als der "indische Adam Riese" wird oft der Astronom und Mathematiker
Brahmagupta bezeichnet, der im 7. Jahrhundert nach Christus das Rechnen mit der Null beschrieb. Addition, Subtraktion und Multiplikation, über 800 Jahre vor Adam Riese.
Die Lösung ist also ganz einfach: Der heutige Donnerstag ist, bezogen auf den Zeitraum bis zum nächsten Stammtisch, nicht der erste Tag, sondern der nullte! 7 Tage ist exakte Mathematik, 8 Tage gängiger römischer Sprachgebrauch, was soll's, Hauptsache, alle sind rechtzeitig wieder da.
Im 20. Jahrhundert wurde das Problem allerdings wieder aktuell, da alle Computer auf der Programmier-Ebene nicht mit Eins zu zählen beginnen, sondern mit Null. Will man zum Beispiel das erste Zeichen eines Textes erhalten, muss man also programmieren: »Zeig mir das nullte Zeichen«, etc. Nach einem langen Arbeitstag kann das zum sogenannten Off-by-one-Error (Um-Eins-daneben-Fehler) führen, bei Star-Wars-Fans auch scherzhaft Obi-Wan-Error genannt.