Die Schiefe Ebene
Eine steile Eisenbahnstrecke
als historisches Baudenkmal
Fotos und Informationen
aus Oberfranken
Die Stützmauern der Eisenbahnstrecke an der Schiefen Ebene hoch über dem Talgrund
Als die
Königlich Bayerischen Staats-Eisenbahnen zwischen 1843 und 1854 Staatsbahnstrecke
Ludwig-Süd-Nord-Bahn baute, die von Lindau und München nach Hof an der Saale, und von dort weiter nach Sachsen führen sollte, stand in Oberfranken, zwischen
Kulmbach und Hof an der Saale, die Schiefe Ebene im Weg, der Nordhang einer geologischen Verwerfung, der
Fränkischen Linie. Der Streitmühlbach hat in einem Riss ein enges Tal ausgespült, das auch heute noch von der Eisenbahn und der Autobahn A9 als Nord-Süd Trasse genutzt wird, um den Höhenunterschied zwischen dem Tal des Weißen Mains und der Hochebene zwischen Fichtelgebirge und Frankenwald zu überwinden.
Mit hohen Stützmauern und tiefen Einschnitten sorgte man für eine langgezogene gleichmäßige Steigung.
Für Moderne Triebwagen ist der Anstieg kein Problem, für schwere Güterzüge schon, auch heute noch.
Erste Planungen für die Eisenbahn sahen eine Steilstrecke mit stationären Dampfmaschinen vor. Mit erhöhtem Bauaufwand konnte man schließlich die Neigung so weit strecken, dass man auf eine maximale Neigung von 2,5 % (1:40) kam, was für eine Straße nicht viel ist, bei der Eisenbahn allerdings für längere Züge und vor allem für schwere Güterzüge zusätzliche Schiebelokomotiven oder Vorspannlokomotiven erfordert. Auf knapp 7 km werden über 150 Höhenmeter überwunden. Für die Heizer der Dampfloks war der Leistungsbedarf über die doch längere Strecke eine Herausforderung. Mit ihren Stützmauern, Steindämmen und Eisenbahnbrücken ist sie heute ein historisches Baudenkmal und ein Kulturdenkmal nach dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz.
Die Rauhe Mauer aus unregelmäßig geformten Felsblöcken und die Brücke zum Schützengraben
Die Eisenbahntrasse wird ein Stück des Weges gestützt von der 760 m langen und bis zu 32 m hochen Rauhen Mauer, durchbrochen von drei Brücken, durch die auch das Wasser der Seitentäler Schwarze Lacke, Galgenschwengel und Schützengraben abgeleitet wird. Nachdem die Brücke No. VII zum Seitental Schützengraben 1847 fast fertig war, bemerkte man Risse im tragenden Sandsteingewölbe. Deshalb musste man dieses mit elf Granitbögen unterfangen. 22 eiserne Anker und Klinkersteine halten alles zusammen.
Die Brücke No. VII zum Seitental Schützengraben, fertiggestellt 1848
Vom Deutschen Dampflok Museum am Bahnhof Neuenmarkt bis nach Marktschorgast führt ein Wanderweg mit Infotafeln, der Lehr- und Informationspfad Schiefe Ebene.
Die Fallkörpersperre
Als ich früher in Wanderkarten den Eintrag
Fallkörpersperre las, dachte ich an Absperrungen zur Verhinderung von Steinschlag, oder ähnliches. Weit gefehlt. Es handelt sich um aufgeschichtete Betonblöcke, die von einem Block mit Sprengkammer gehalten werden. Das verblüffendste ist für mich allerdings das Baujahr: 1983! Noch war Kalter Krieg, sechs Jahre vor
Wende und Wiedervereinigung wollte man damit die Truppen des Warschauer Pakts im Vormarsch behindern.
Der 30 m tiefe Einschnitt am steilen Felshang
Die Fallkörpersperre
In einem engen, 30 m tiefen Einschnitt hoch über dem Talgrund am steilen Hang, zu dem kein befahrbarer Weg führt, steht die Fallkörpersperre. Selbst ein Bergepanzer wäre dort kaum hingekommen. Wurde sie durch Sprengung der Halteblöcke ausgelöst, fielen die schweren Betonblöcke auf die Bahnstrecke und wären wahrscheinlich nur durch einen Eisenbahnkran oder anderes schweres Gerät zu entfernen gewesen. Was den Truppen der NATO einen Zeitvorteil auf ihrem Rückzug verschafft hätte. Beim Bau der Eisenbahnstrecke um 1846 wurde nach alten Aufzeichnungen 4 Millionen Kubikfuß Felsen gesprengt und dafür 1100 Zentner Sprengstoff verbraucht.
Unten rot markiert der Betonstein, der
zur Auslösung herausgesprengt worden wäre
Die hohlen Betonsteine wurden zwar einzeln aufgeschichtet, dann aber Baustahl-Armierungen eingebracht und mit Beton ausgegossen, so dass sie nicht einzeln zu entfernen waren, sondern der ganze Block fest verbunden auf den Gleisen zu liegen kommt. Die Fallkörpersperre blieb stehen als Mahnmal für den Kalten Krieg und steht unter Denkmalschutz.
Neben der Fallkörpersperre findet man noch heute ein Eisenrohr mit Deckel zur Lagerung des Sprengstoffs. Der mit der Sprengung beauftragte Soldat brauchte dann nur die Zünder mitzubringen.
Die Trasse und der Unterbau war von Anfang an für eine zweigleisige Strecke konzipiert, das zweite Gleis konnte jedoch erst 1871 realisiert werden. Auf halber Strecke befand sich früher ein Bahnwärterhäuschen. Der Bahnwärter musste die Signale bedienen, welche nicht nur Halt und Fahrt anzeigten, sondern auch Nachrichten übermittelten, zum Beispiel die Anforderung einer Hilfslokomotive. Die Signale galten nicht nur den vorbeifahrenden Lokomotivführern, sondern auch zur Weiterleitung von Nachrichten von Bahnwärter zu Bahnwärter und damit von Bahnhof zu Bahnhof. Deshalb standen sie an einer exponierten Stelle von der man die nächsten Signale in beiden Richtungen sehen konnte. Von dem Häuschen sieht man noch die Grundmauern. Daneben steht heute eine Schutzhütte für Wanderer und eine kleine Aussichtsplattform.
Grundmauern des Bahnwärterhäuschens, nachgebaute historische Eisenbahnsignale (Optische Telegrafen), Aussichtsplattform, Schutzhütte für Wanderer
Die Brücke No. X (römisch 10) wird vom rauschenden Pulstbach durchflossen, der nahe dem Dorf Pulst entspringt, das schon zu Marktschorgast gehört. 1982 musste aus Sicherheitsgründen eine Schale aus Beton eingebracht werden. Der zugehörige Weg nach Pulst ist nur noch für Traktoren oder geländegängige Autos befahrbar.
Eine Besonderheit sind je fünf höhere Abschluss-Steine zur Betonung des Brückenbogens auf jeder Seite, was für mich wie eine Art Bekrönung aussieht.
Eisenbahnunglücke an der Schiefen Ebene
Am 27. Dezember 1944, mitten im 2. Weltkrieg gab es ein schweres Eisenbahnunglück, als an der Schiefen Ebene die Bremsen eines Militär-Zuges versagten und der Zug mit überhöhter Geschwindigkeit im Bahnhof Neuenmarkt-Wirsberg entgleiste. Der Heizer, der Lokführer und ein Unteroffizier wurden dabei getötet, auch gab es mehrere Verletzte. Die Dampf-Lokomotive war die 58 2813.
Auch schon am 18. November 1848 geschah ein Eisenbahnunfall. Bergauf, kurz vor dem Bahnhof Marktschorgast, gab der Maschinist, der wahrscheinlich die Steigung unterschätzt hatte, nochmals stark Dampf, wodurch eine Prellung entstand, die den Haken einer Wagenkupplung abriss. Auch die Notketten rissen, wodurch sich einige Wagen rückwärts den Berg hinab in Bewegung setzten.
Die eigentlich vorhandene Verbindung der Bremsen zwischen den Wagen hatte nicht funktioniert, weshalb lt. Neue Münchener Zeitung vom 21. November 1848 der Wagenbremser die Fassung verlor. Der Kondukteur begab sich jedoch mit rühmenswerter Beherztheit von Wagen zu Wagen klimmend zum Gepäckwagen und zog die Bremsen an. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als die Wagen ganz langsam über zwei Stunden die Schiefe Ebene hinab zurück nach Neuenmarkt laufen zu lassen. Niemand wurde verletzt. Nachdem schon die Nacht angebrochen war und die Passagiere durch die Angst sehr angegriffen waren, zogen diese es vor, nach Kulmbach zurückgebracht zu werden.
Wo Wasser vor allem im Frühjahr steile Hänge hinunterschießt und die Gefahr von Ausschwemmungen besteht, hat man bei Durchlässen Wasserkaskaden gebaut, in denen das Wasser über Stufen Höhensprünge vollführt. Bei Sanierungsarbeiten wurde die historische Bausubstanz möglichst erhalten.
Die Straßenbrücke, auf der die Eisenbahn die Straße zwischen Marktschorgast und Rohrersreuth überquert, wirkt richtig klein im Vergleich zu den großen Weg- und Bachbrücken weiter unten im Tal.
Nähert die Eisenbahnstrecke sich Marktschorgast, öffnet sich das Tal Richtung Nordwesten und der Blick fällt auf das Dorf Pulst.
Im Bahnhof Marktschorgast findet man eine Info-Stelle zur
Eisenbahnstrecke Schiefe Ebene.
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