Die Unbeweisbarkeit Gottes
Das kennen wir alle noch aus dem Deutschunterricht: Das SUBJEKT ist die
handelnde Person, das PRÄDIKAT die Handlung als solche, das Tätigkeitswort, und
das OBJEKT das- oder derjenige, (mit) der oder dem etwas getan wird. Daraus
folgt:
Das SUBJEKT
ist aktiv
handelt aus eigenem Antrieb
subjektiv
|
Das OBJEKT
ist passiv
wird ohne eigenen Antrieb manipuliert,
mit ihm geschieht etwas
objektiv
|
Beispiel:
Wenn ICH (handelndes SUBJEKT) die Katz (manipuliertes OBJEKT) unter den Arm
klemme, dann mache ICH (SUBJEKT) mit IHR (OBJEKT), was ICH (SUBJEKT) will, und
SIE (OBJEKT) macht gar nix mehr außer vielleicht a weng zappeln, um einen
vergeblichen Befreiungsversuch zu starten. SIE, das OBJEKT, kann wirklich nix
tun,nix ändern, nix bewegen, solange SIE OBJEKT bleibt. ICH, das SUBJEKT, habe
die Macht, SIE, das OBJEKT, überall da hin zu bringen, wohin SIE, das OBJEKT,
eigentlich gar nicht will. Erst wenn SIE ihre Freiheit, also ihre SUBJEKTIVITÄT
wieder erlangt hat, kann SIE als SUBJEKT wieder selbst über ihr Leben bestimmen.
Was hat das nun mit Gott und dessen Beweisbarkeit zu tun? Zunächst einmal nix –
wie es scheint.
Um eine Sache, also ein OBJEKT, OBJEKTIV beweisen zu können, muss man dieses
OBJEKT so MANIPULIEREN, dass es unter konkret definierten Bedingungen immer
wieder genau gleich und damit VERIFIZIERBAR funktioniert, D.h. unter gleichen
Bedingungen muss immer wieder ein gleiches Ergebnis entstehen, damit es
wissenschaftlich anerkannt und als OBJEKTIV wahr gilt.
Was genau bedeutet nun OBJEKTIV und was dagegen SUBJEKTIV? Was ist SUBJEKTIVE
Wahrheit, was OBJEKTIVE? Ist die eine weniger wahr als die andere?
Beispiel: in einem Raum herrscht die OBJEKTIV richtige Wohlfühltemperatur von
genau 21°C. Im Raum befinden sich mehrere Personen, die diese 21°C jeweils als
SUBJEKTE SUBJEKTIV wahrnehmen, der eine friert,dem anderen ist es zu warm, dem
dritten fühlt sie sich angenehm an. Was bedeutet die OBJEKTIVE Richtigkeit für
den, der friert und den, dem zu warm ist? Welche Wahrheit hat für diese drei
Personen einen wirklichen Wert? Ich würde in dem Falle sagen, dass nur die
SUBJEKTIVE, die SUBJEKTIV als richtig empfundene Wahrheit einen wirklichen
Nutzwert hat.
Was muss nun geschehen, dass alle drei sich SUBJEKTIV, also tatsächlich wohl
fühlen anstatt sich rein theoretisch und OBJEKTIV wohl fühlen müssten?
Sie müssen von SUBJEKT zu SUBJEKT Informationen darüber austauschen, wie sie
sich SUBJEKTIV fühlen, damit ein Zustand erreicht wird, der SUBJEKTIV jedem der
drei gerecht wird, bei sie sich SUBJEKTIV alle drei wohl fühlen.
Falls derjenige, der sich bei 21°C wohl fühlt, keine Lust hat, etwas zu ändern,
so kann er mit Hinweis auf die OBJEKTIVE Richtigkeit der 21°C die anderen zu
seinen OBJEKTEN machen – wenn sie dies zulassen – und ihnen klar machen, dass
sie ganz OBJEKTIV diese 21°C so, wie sie sind, zu erdulden haben. Wenn diese
21°C als OBJEKTIVE Richtschnur gelten, dann ist er ganz OBJEKTIV gesehen im
Recht und kann die anderen ganz "OBJEKTIV" leiden lassen mit Verweise auf ihre
SUBJEKTIVE Unrichtigkeit.
Kurz: das SUBJEKT ist das aus eigenem Antrieb Handelnde, das OBJEKT das aus
fremdem Antrieb Manipulierte. Ein SUBJEKT kann mit einem anderen SUBJEKT in
Beziehung treten, wobei die Kommunikation von SUBJEKT zu SUBJEKT Informationen
über die eigene, die SUBJEKT'IVE Befindlichkeit austauscht. Wenn ein SUBJEKT
das andere ebenfalls als SUBJEKT wahrnimmt, führt Kommunikation dazu, dass man
sich so einigt, dass jedes SUBJEKT sich SUBJEKTIV wohl fühlt, man bleibt in
Kontakt, indem man man SUBJEKTIVITÄTEN austauscht und immer auch über das
andere SUBJEKT informiert ist und es in die eigenen Überlegungen und Handlungen
unter Berücksichtigung der SUBJEKTIVI'TÄT des anderen mit einbeziehen kann.
In dem Augenblick, indem ich die SUBJEKTIVI'TÄT der anderen abwerte und der
OBJEKTIVITÄT unterordne, einer OBJEKTIVITÄT, die oft genug dadurch entsteht,
dass man – besser ich - die eigene SUBJEKTIVITÄT fälschlicherweise als
abstrakte OBJEKTIVITÄT wahr nimmt, mache ich den anderen zu einem OBJEKT,
würdige ich ihn hinab zum OBJEKT, dessen SUBJEKTIVITÄT ich als irrelevant für
das angeblich oder tatsächlich OBJEKTIV Richtige hin stelle.
Das OBJEKTIVE ist also eher abstrakt, das SUBJEKTIVE konkret.
Das OBJEKTIVVE wird erkennbar, indem ich mein Gegenüber zum OBJEKT degradiere,
das SUBJEKTIVE wird erkennbar, indem ich in eine lebendige und informative
Beziehung mit meinem Gegenüber trete und dessen SUBJEKTIV durch gegenseitigen
Informationsaustausch erfahre.
Die OBJEKT'IVE Wahrheit entsteht ÜBER das OBJEKT, die SUBJEKTIVE Wahrheit
entsteht im Austausch MI'T dem SUBJEKT.
Was bedeutet dies für die Identitätsfrage?
Ein Mensch, der die Welt OBJEKTIV erfährt, müsste sich demnach als manipuliertes OBJEKT fühlen. Seine Identität müsste statisch sein und alle Änderungen strikt vermeiden, da diese dem OBJEKT von außen zukommen und ihn, das >
OBJEKT ändern würden, so dass er oder sie nicht mehr der- oder dieselbe wäre
wie vor der Änderung.
Ein Mensch, der sich als handelndes SUBJEKT erlebt, wäre demnach auch frei, das
eigene Handeln zu reflektieren und aktiv selber den Umständen entsprechend zu
ändern und anzupassen, ohne deshalb gleich eine Identitätskrise zu bekommen.
Wie Konrad Adenauer könnte er oder sie sagen, dass niemand ihn bzw. sie daran
hindern könnte, jeden Tag 24 Stunden klüger zu werden.
Das SUBJEKT erlebt die eigene Identität als sich wandelndes Wesen, das in
ständiger Wandlung vollzogen ist, weil es ständig aus eigenem Antrieb dazu
lernt und mit jeder neuen Erkenntnis nicht mehr gültige Verhaltensweise ad acta
leben kann.
Das OBJEKT dagegen müsste sich mit Händen und Füßen gegen jede Art von
Veränderung wehren, weil ja schon sein Verhalten permanent von außen gelenkt
wird. Würde es nun noch sinnvolle Veränderungen vollziehen, die ihm oder ihr ja
auch von außen angetragen werden, wüsste s am Ende gar nicht mehr, wer oder was
es nun ist, was denn nun die eigene Essenz ist.
Was hat das alles nun mit der Beweisbarkeit Gottes zu tun?
Das Göttliche ist das ständig Neues (Er-)Schaffende, das sich jedwedem
Manipulationsversuch entzieht, es ist das ewig SUBJEKTIVE, das nichts und
niemand zum beweisbaren OBJEKTIV machen kann. Die göttliche Wahrheit kann nur
eine permanente SUBJEKTIVE Wahrheit sein, die – wie oben erläutert – nur in
der Beziehung von SUBJEKT zu SUBJEKT erfahren und erlebt werden kann. Es ist
definitiv unmöglich, Gott zum beweisbaren OBJEKT zu degradieren, weil Gott
einfach nur SUBJEKT ist und sein kann.
Wer also die Existenz Gottes "beweisen" will, hat nur eine Möglichkeit: er oder
sie muss den Weg der OBJEKTIVITÄT verlassen und den der konsequenten
SUBJEKTIVITÄT einschlagen und eine absolut SUBJEKTIVE Beziehung zu Gott oder
dem Göttlichen eingehen. Dann kann er oder sie Gott ganz SUBJEKTIV erfahren und
erleben, auch darüber sprechen, doch diejenigen, die auf den OBJEKTIVEN
Gottesbeweise warten, werden ihm oder ihr kein Wort glauben. Aber denjenigen,
die ebenfalls eine SUBJEKTIVE Beziehung zum Göttlichen erleben oder erlebt
haben, genügt ein Wort, und sie wissen genau, wovon Du sprichst, dass Du die
Wahrheit sagst und es Gott/das Göttliche wirklich gibt.
Alles Liebe von Sabine :)
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